15. Die Schlusssteine
Die Fähigkeit, hohe und weitgespannte Kirchenschiffe mit aus Steinen gemauerten Gewölben zu überspannen, stellt einen der Höhepunkte gotischer Kirchenbaukunst dar. Diese Gewölbe hatten nicht nur den Sinn, wie man manchmal glaubt, die Brandgefahr gegenüber hölzernen Decken zu mindern, sondern sie symbolisieren als kunstvoll ausgeführter Raumabschluss den Himmel. Eine gotische Kirche war erst fertig, wenn die Gewölbe eingezogen waren. In unserer St. Sixti Kirche war das mit dem Ende des 3. Bauabschnittes etwa um 1519 der Fall.
Die Gewölbeschlusssteine im Scheitelpunkt der Gewölbe, dort wo sich die diagonal verlaufenden Rippen kreuzen, haben die Aufgabe, die Rippen als Träger der Lasten miteinander zu verbinden und so ihre „Kraftschlüssigkeit' herzustellen. Neben (und sicherlich gerade wegen) ihrer so wichtigen statischen Funktion kam den Schlusssteinen ein hoher Symbolgehalt zu. Kunstvoll gestaltet sind sie Träger bildlicher Darstellungen von Heiligen und anderen Zeichen religiöser und weltlicher Bindung und Verehrung.
Auf den Schlusssteinen der drei Schiffe und im Chorraum der St. Sixti Kirche erscheint eine Vielzahl männlicher und weiblicher Heiliger und Symbole, die anzeigen, in welch einen vielfältigen Schutz das Mittelalter das Kirchengebäude und die Gläubigen gestellt wissen wollte.
Die Heiligenverehrung erlebt besonders im Spätmittelalter eine besondere Intensität, was sich u.a. in der bildenden Kunst in vielfachen Darstellungen der Heiligen und ihrer Legenden widerspiegelt. In unserer Kirche sind neben den Schlusssteinen in diesem Zusammenhang die Glasmalereien im nördlichen Seitenschiff und die 3 - von ursprünglich 8 - noch vorhandenen Altäre künstlerisch hochwertige Zeugnisse dieser Strömung .
Im Folgenden sind die einzelnen Schlusssteine beginnend jeweils im Westen in folgender Reihenfolge aufgeführt:
1. Nördliches Seitenschiff
2. Südliches Seitenschiff
3. Mittelschiff
4. Chorraum mit Seitenkapelle (Taufkapelle)
1. Nördliches Seitenschiff
St. Nikolaus im Gewand eines Bischofs
Hl. Barbara mit Turm
Madonna im Strahlenkranz mit Jesuskind
Heilige Elisabeth von Thüringen
und im 5. Joch eine 6-blättrige Lutherrose.
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St. Nikolaus | Hl. Barbara | Madonna | Hl. Elisabeth | Lutherrose |
Während in den 4 vorhergehenden Gewölbejochen jeweils kleine Rosetten auf den diagonalen Rippen schmückend die Schlusssteine begleiten, gibt es im 5. Gewölbejoch, also dort wo der Wendelstein in die Gewölbekappen einschneidet, anstelle der Rosetten Darstellungen der Wappen der Stadt Northeim, Kursachsens als Protektor der Reformation und der welfischen Landesherrschaft. Ohne Zweifel sind diese Steine erst nach Einführung der Reformation um 1540 entsprechend umgearbeitet wurden.
2 . Südliches Seitenschiff
Rautenwappen von Kursachsen
Erzengel Ariel als Streiter Gottes
ein nicht bekanntes Signet, möglicherweise eines Stifters oder des Baumeisters
Hl. Katharina von Alexandrien
St. Sebastian
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Rautenwappen | Erzengel Ariel | Signet | Hl. Katharina | St. Sebastian |
3. Mittelschiff
Von der Orgel verdeckt (nach v. Hindte) Signet des Klosters St. Blasius in den Farben des Erzbistums Mainz als geistliches Oberhaupt von Stadt und Kirche
Signet der Stadt Northeim
Monogramm Jesu auf blauem Grund im Gurtbogen einen Engel
im 3. Joch auf eine Holzplatte gemalte Rose (Lutherrose) auf blauem Grund, gold umrandet (ursprünglicher Schlussstein nach der Reformation durch diese Anordnung verdeckt)
im Gurtbogen ein Pelikan als Christussymbol
Schweißtuch der Hl. Veronika.
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Signet St. Blasius |
Signet Northeim |
Monogramm Jesu |
Lutherrose |
Schweißzuch Hl. Veronika |
4. Durch den Triumphbogen vom Hauptschiff abgesetzt Chorraum und südliche Kapelle.
Im Scheitelpunkt des Triumphbogens hing bis zur großen Kirchenrestaurierung in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts die heute sich im Heimatmuseum befindliche holzgeschnitzte Darstellung des gekreuzigten Heilands. In den Gewölbeansätzen erkennt man, ins Kirchenschiff blickend, links Maria mit Kind und rechts St. Sixtus.
Im Chorraum sieht man (von Westen) eine weiß / rot gedoppelte Rose,
den Schutzheiligen des Klosters St. Blasius,
im Schnittpunkt der Gewölberippen über dem Hochaltar schwebend den Schutzheiligen der Kirche St. Sixtus.
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St. Sixtus | St. Blasius |
In der südlichen anschließenden Seitenkapelle schmücken
ein Abendmahlskelch auf braunem Grund
und eine Darstellung des Lammes Gottes die beiden Schlusssteine
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Kelch | Lamm Gottes |
... und hier nochmal alle Schlusssteine im Überblick: